Bürokratie in Perfektion

Gestern war ich bei der Handelskammer weil ich einen Termin zur Akteneinsicht vereinbart hatte. War im Großen und Ganzen nicht wirklich aufschlußreich, aber ich habe die perfekten Selbstverteidigungsmechanismen der Bürokratie zu spüren bekommen. So ein Widerspruch gegen die Bewertung meiner Projekt-Doku scheint so gut wie aussichtslos zu sein - aber erstmal der Reihe nach.

Zuerst habe ich mir mal die schriftlichen Prüfungen angeschaut. Besonders interessant fand ich die Bewertung einer Aufgabe wo es um (Linux-)Shell-Befehle ging. Hier habe ich nämlich in einem Punkt etwas abweichendes von der Musterlösung geschrieben. Und zwar ging es um das Umbenennen einer Datei. Im neuen Namen sollte ein $ vorkommen. Naja, ich weiß nicht wie ihr das handhaben würdet, aber in einer bash-Shell würde ich ein Dollarzeichen immer mit einem Backslash escapen. Der Sonderfall bei der Aufgabe sieht halt so aus, dass das $ am Ende des neuen Dateinamens steht, deshalb geht es auch ohne Backslash. Nichtsdestotrotz finde ich es hart dass meine Lösung (die ich extra zuhause in der Shell verifiziert habe) mit \$ als falsch bewertet wurde ... Was solls, der halbe Punkt für diese Teilaufgabe hätte nichts gebracht, so dass ich es auf sich beruhen lasse.

Der eigentlich interessante Teil war ja die Bewertung der Projekt-Doku. Aber in meiner Akte gab es die Doku gar nicht. Die Handelskammer archiviert anscheinend nur die elektronische Fassung auf ihren Servern. Die gedruckte Fassung, die ich an den Ausschuss geschickt hatte liegt wohl schon in Ablage P. Alles was von der Doku übrig ist ist eine DinA4 Seite mit einer relativ undurchsichtigen Bewertung für sieben Kriterien. Überall gabs 7 oder 8 von 10 Möglichen Punkten. Undurchsichtiger gings nicht. Als ich dann wissen wollte, warum die Felder für die Bemerkungen nicht ausgefüllt sind lief das ungefähr so ab:

Ich:
Und warum stehen hier keine Begründungen zu den Punkten in den Feldern?
Sie:
Der Prüfungsausschuss ist angehalten die Felder auszufüllen, aber wenn sie es nicht tun, können wir auch nichts machen.
Ich:
Gibt es denn eine Möglichkeit im nachhinein diese schriftliche Begründung noch zu bekommen?
Sie:
(kramt in meiner Akte und hällt mir einen Zettel vor die Nase) Hier, auf der Anmeldung zur Prüfung, haben sie unterschrieben, dass sie die schriftliche Begründung bis spätestens zum Tag der Prüfung anfordern können, jetzt lässt sich da nichts mehr machen. Sie müssen schon auch das Kleingedruckte lesen.
Ich:
Und wie soll ich jetzt einen Einspruch einlegen, wenn ich nicht mal weiß gegen was?
Sie:
Dazu darf und kann ich jetzt nichts sagen.

Hmm, was soll man dazu sagen. Am Tag der Prüfung wusste ich noch gar nicht, wie viele Punkte es für die Doku gab, das kam erst 3 Tage später per Post. Und die Anmeldung zur Abschlussprüfung haben wir irgendwann Anfang des Jahres abgeschickt - dass ich damals noch nicht davon ausgegangen bin, es könnte da irgendwelche Probleme geben kann wohl jeder verstehen.

Für mich sieht das einfach nur so aus, dass die Handelskammer ganz genau weiß, wie viele Leute nach der Prüfung unzufrieden sind (kein Wunder bei so einer beliebigen Bewertung) und deshalb schon alles soweit vorbereitet hat, dass man eigentlich nichts machen kann.


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